Priorität des Staatsrats im Suchtbereich – Eröffnung eines sicheren Konsumraums im August 2024 in der Stadt Freiburg

Die kantonalen Behörden und die Verantwortlichen von Le Tremplin stellten im Beisein der Gemeindebehörden den sicheren Konsumraum in der Stadt Freiburg vor. Dieses neue Angebot von Le Tremplin für Freiburgerinnen und Freiburger ermöglicht ab dem 19. August 2024 die Begleitung von 64 Konsumationen pro Tag, jeweils von Montag bis Freitag.

Die Einrichtung eines sicheren Konsumraums wird im Planungsbericht «Koordination der Betreuung von suchtkranken Personen. Bedürfnisse und Prioritäten – Zeitraum 2022–2025» als eine Priorität des Staatsrats aufgeführt und war ursprünglich für 2023 geplant. Nun wird der sichere Konsumraum gemeinsam mit den neuen Räumlichkeiten von Le Tremplin an der Route des Arsenaux eingeweiht.

Nach dem Vorbild bestehender Strukturen und Betreuungslösungen in Bern, Basel, Genf und Waadt bzw. Frankreich und Kanada konzipiert, ist der Konsumraum werktags von 11 bis 15 Uhr für Personen mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton Freiburg geöffnet. Die Zahl der Begünstigten wird auf 70 Personen geschätzt.

Mehr als nur ein Konsumraum
Der sichere Konsumraum ist in einen Injektions-/Sniffraum und einen Inhalationsraum unterteilt. Er bietet eine gesundheitliche Betreuung durch Fachpersonen mit dem Ziel, das Infektionsrisiko und andere, mit dem Konsum oder der Konsumart verbundene Probleme zu verringern. Zudem soll das Risiko einer tödlichen Überdosis dank der erhöhten Sicherheit im Konsumraum gesenkt werden.

Die Betreuungspersonen suchen das Gespräch mit den Nutzerinnen und Nutzern, informieren sie über den risikoarmen Konsum und erfahren so auch mehr über deren Konsum. Der sichere Konsumraum befindet sich neben dem Tageszentrum Au Seuil und unweit des Sozialdienstes in den Räumlichkeiten von Le Tremplin, was den Zugang zu sozialer Begleitung und Therapiemöglichkeiten eröffnet. Die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer sowie der Bevölkerung ist dank der strengen Aufsicht der Konsumierenden und aufgrund des Personals, das während der Öffnungszeiten vor Ort ist, gewährleistet. Le Tremplin arbeitet derzeit an einer Sondervereinbarung mit der Kantonspolizei Freiburg, die im Sinne einer bürgernahen Polizeiarbeit und in enger Zusammenarbeit mit den für den Konsumraum zuständigen Partnerinnen und Partnern auf die Sicherung des öffentlichen Raums achtet; Ziel ist es, die Belästigung der Nachbarschaft auf ein Minimum zu reduzieren und Probleme mit zurückgelassenen Konsumutensilien im öffentlichen Raum zu vermeiden. Schliesslich bedeutet der sichere Konsumraum weniger drogenbedingte soziale Kosten für die Gesellschaft, und ein erhöhtes Sicherheitsgefühl für die Bevölkerung des Pérolles-Quartiers und der Stadt Freiburg.

Im Zusammenhang mit dem Umzug von Le Tremplin und der Eröffnung des sicheren Konsumraums werden verschiedene Kommunikationsmassnahmen umgesetzt und Informationsveranstaltungen für die Quartierbevölkerung und die direkten Nachbaren wie die Kinderkrippe Pérollino und die Fachhochschulen organisiert. So findet am 24. Juni 2024 um 19 Uhr in der Hochschule für Gesundheit und Soziale Arbeit eine öffentliche Informationsveranstaltung der Behörden und von Le Tremplin statt. Ausserdem wird eine Begleitgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Bevölkerung gebildet. Le Tremplin steht ab Juni 2024 für die Anliegen der Bewohner/innen des Pérolles-Quartier per E-Mail (permanence [at] tremplin [.] ch (permanence[at]tremplin[dot]ch)) oder telefonisch (076 239 19 04) zur Verfügung – Antwort innert 24 Stunden.

Suchtprobleme reduzieren und Unterstützungsangebote bereitstellen
In unserem Kanton weisen 5,8 % der Bevölkerung ab 15 Jahren einen gesundheitsgefährdenden Alkoholkonsum auf, das entspricht ungefähr 10 999 Personen. 10 000 davon sind abhängig. Rund 1500 Menschen sind abhängig  von illegalen Drogen, und 4000 sind problematische oder abhängige Spieler/innen. Die Gesamtkosten dieser Problemstellungen für die Gesellschaft werden im Kanton Freiburg auf rund 322 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.

Das Hauptziel des Kantons in diesem Bereich ist die Reduzierung von suchtbedingten Problemen sowie ein angemessenes Unterstützungsangebot für die darunter leidenden Personen. Dafür müssen mit dem bestehenden Netzwerk eine koordinierte Politik und eine kohärente Planung entwickelt werden.

Um die Suchtprobleme in den nächsten Jahren anzugehen, hat die GSD die kantonale Kommission für Suchtfragen, ein beratendes Organ des Staatsrats, sowie das Kantonsarztamt (KAA) damit beauftragt, die Entwicklung der Bedürfnisse in diesem Bereich sorgfältig zu verfolgen und Verbesserungsvorschläge für Leistungen zu machen. Rund 30 Expertinnen und Experten aus dem Kanton haben die prioritären Bedürfnisse und die bereits sichtbaren Folgen der COVID-19-Pandemie identifiziert und im Planungsbericht «Koordination der Betreuung von suchtkranken Personen. Bedürfnisse und Prioritäten – Zeitraum 2022–2025» zusammengetragen. Die Betreuung von Suchterkrankungen umfasst nicht nur Behandlungen und Therapien, sondern das gesamte Hilfsangebot für suchtkranke Menschen, wie die Angebote der Schadensminderung und der Sekundärprävention. Zu den vorgeschlagenen Massnahmen gehören der Konsumraum, die Einrichtung einer spezialisierten Abteilung für ältere Personen mit Suchtproblemen im FNPG und die Unterstützung von Equip'apparts, einem Angebot für betreutes und leicht zugängliches Wohnen.

Stiftung zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung für Menschen in Suchtsituationen oder in Prekarität

Die vor über vierzig Jahren von Pfarrer André Vienny in Freiburg gegründete Stiftung Le Tremplin ist vom Kanton als gemeinnützig anerkannt. Le Tremplin hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität von Menschen in einer Suchtsituation oder in Prekarität zu verbessern, und ihnen eine soziale und berufliche Eingliederung zu ermöglichen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben stützt sich die Stiftung auf sechs Sektoren: Le Seuil (niederschwellige Anlaufstelle zur Minderung sozialer und somatischer Risiken), Sozialdienst (ambulante Beratungs- und Begleitungsstelle), Le Parcours Horizon (soziales und berufliches Wiedereingliederungszentrum), Equip'Apparts (ambulante Leistung für Zugang zu betreutem Wohnraum), Empreinte (Fachzentrum für sexuelle Gesundheit) sowie Les Ateliers de la Tour (Sozialarbeit und Produktion mit angepasster Produktionsschwelle zur Wiederanknüpfung an die Arbeitswelt).

Mit dem an Le Seuil angegliederte sichere Konsumraum wird das Angebot von Le Tremplin erweitert. Alle Sektoren ziehen Mitte August von der Avenue de l’Europe 6 an die Route des Arsenaux 16D, mit Ausnahme von Parcours Horizon und Empreinte. Die Räumlichkeiten an der Route des Arsenaux 16D werden Le Tremplin vom Staat vorübergehend zur Verfügung gestellt, um Platz für den Ausbau der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg zu schaffen. Bis 2028 wird Le Tremplin an einen langfristigen Standort an der Rue Hans Fries 4 umziehen.