102.2

Richtlinie zur Prävention und zum Umgang mit Mobbing, sexueller Belästigung und zwischenmenschlichen Problemen am Arbeitsplatz

vom 14.12.2020, in Kraft seit 01.01.2021

Der Gemeinderat der Stadt Freiburg

gestützt auf:

  • Artikel 2 der Verordnung 3 vom 18. August 1993 zum Arbeitsgesetz (SR 822.113; ArGV 3);
  • Artikel 8 des Personalreglements der Stadt Freiburg vom 30. September 2019;

verabschiedet die folgenden Bestimmungen:

Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

1 Diese Richtlinie legt eine Struktur und ein Verfahren zur Vorbeugung und Bekämpfung aller Formen von Mobbing, sexueller Belästigung oder von zwischenmenschlichen Problemen am Arbeitsplatz fest, welche der Persönlichkeit des Gemeindepersonals Schaden zufügen könnten.

2 Sie gilt für das gesamte Personal der Gemeindeverwaltung, unabhängig davon, ob das Dienstverhältnis nach dem öffentlichen oder privaten Recht geregelt ist.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

a) Konflikt

Als Konflikt gelten alle Situationen von Unstimmigkeiten, die Spannungen zwischen zwei oder mehreren Mitarbeitenden hervorrufen und somit einen negativen Einfluss auf die Arbeitsbeziehungen haben, unabhängig von der Ursache.

Art. 3

b) Zwischenmenschliche Probleme

Als zwischenmenschliche Probleme gelten sämtliche sozialen Interaktionen bei der Arbeit oder am Arbeitsplatz, die von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter oder mehreren Mitarbeitenden als sehr negativ empfunden werden.

Art. 4

c) Mobbing

1 Als Mobbing gelten feindselige oder herabsetzende Äusserungen und/oder Handlungen einer oder mehrerer Personen am Arbeitsplatz, die über längere Zeit häufig und wiederholt erfolgen und darauf abzielen, die betroffene Person zu isolieren, herabzuwürdigen, auszugrenzen oder aus einem bestimmten Beziehungsgefüge auszuschliessen.

2 Es liegt jedoch kein Mobbing vor, wenn in den Arbeitsbeziehungen ein Konflikt besteht, eine schlechte Atmosphäre herrscht, wiederholt und mit Nachdruck zur Einhaltung von Pflichten aufgefordert wird, die sich aus den Arbeitsbeziehungen ergeben, oder wenn eine vorgesetzte Person ihren Pflichten gegenüber den ihr unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht immer vollständig nachgekommen ist.

Art. 5

d) Sexuelle Belästigung

1 Als sexuelle Belästigung gilt jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder jedes andere Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde oder die physische oder psychische Unversehrtheit einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters im Rahmen des Arbeitsverhältnisses beeinträchtigt.

2 Die Belästigung kann sich insbesondere durch sexistische Äusserungen, aufdringliche Blicke, anzügliche Bemerkungen oder Anspielungen, unerwünschten Körperkontakt und aufdringliches Verhalten, Annäherungsversuche, die mit Versprechen von Belohnungen oder Androhung von Nachteilen einhergehen, äussern.

Kapitel 2: Vertrauensperson

Art. 6 Ausbildung und Auftrag

1 Die Stadt Freiburg ernennt eine oder mehrere neutrale und unparteiische Vertrauenspersonen, die in keiner hierarchischen Beziehung oder Verbindung zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen.  

2 Die Vertrauenspersonen müssen über grundlegende soziale, psychologische und juristische Fachkenntnisse in den betreffenden Themenkreisen verfügen.

3 Ihre Aufgabe ist es:

a) im Rahmen des telefonischen Beratungsdienstes auf Anfragen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einzugehen;

b) mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die dies wünschen, Gespräche zu führen und sie allenfalls zum Personalamt zu begleiten.

Art. 7 Amtsgeheimnis

Die Unterlagen und Informationen, von denen die Vertrauensperson im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Stadt Kenntnis hat, werden durch das Amtsgeheiminis vollumfänglich geschützt.

Art. 8 Vertraulichkeit und Schutz des Personals

1 Die von der Vertrauensperson durchgeführten Gespräche sind streng vertraulich. Dritten darf keine vertrauliche Information bekannt gegeben werden, sofern nicht alle Beteiligten damit einverstanden sind.

2 Unabhängig vom Ausgang besteht kein Anspruch darauf, sich nachträglich vor einer Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde auf die vor der Vertrauensperson gemachten Aussagen zu berufen.

3 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die sich an die Vertrauensperson wenden, darf aufgrund ihres Vorgehens kein Nachteil entstehen, sofern sie nicht rechtsmissbräuchlich oder in schädigender Absicht handeln.

Kapitel 3: Verfahren

Art. 9 Eröffnung des Verfahrens

1 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die ihre berufliche Beziehung zu anderen Mitarbeitenden als problematisch empfinden und sich in ihrer Persönlichkeit verletzt oder belästigt fühlen, können sich jederzeit an die Vertrauensperson wenden.

2 Es steht den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auch offen, sich an die Vertrauensperson zu wenden, wenn ihnen scheint, dass eine andere Person solchen Handlungen ausgesetzt ist.

3 Hierfür kann die Vertrauensperson zu festgelegten Zeiten telefonisch kontaktiert werden. Kann sie die Anfrage nicht sofort beantworten, so verpflichtet sie sich, dies innerhalb von 24 Stunden zu tun.

Art. 10 Erstgespräch

1 Sofern erforderlich, empfängt die Vertrauensperson die ratsuchende Person im Anschluss an das oben genannte Telefongespräch und hört diese an. Diese kann sich bei diesem Gespräch von einer Person ihrer Wahl begleiten lassen.

2 Die Einladung zu diesem Erstgespräch erfolgt innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang der Anfrage.

Art. 11 Fortsetzung des Verfahrens

1 Nach dem Erstgespräch schlägt die Vertrauensperson die nach den Umständen des Falles am besten geeignete Vorgehensweise vor.

2 Die Vertrauensperson kann der ratsuchenden Person insbesondere vorschlagen:

a) sich an eine vorgesetzte Person und/oder an das Personalamt zu wenden;

b) sich an eine andere Organisation oder eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt zu wenden.

3 Wenn es die Situation rechtfertigt, insbesondere bei grösseren Konflikten oder mutmasslichem Mobbing, kann das Personalamt eine ergänzende Massnahme einleiten, wie z.B. eine Mediation oder ein Verständigungsverfahren (Coaching). Die Vertrauensperson kann die ratsuchende Person bei diesen Schritten begleiten.

Art. 12 Allgemeine Regeln

1 Die Gespräche müssen an einem neutralen Ort stattfinden, grundsätzlich weder in den Räumlichkeiten der Stadt noch am Wohnort der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters.

2 Die Gespräche können in Deutsch oder Französisch durchgeführt werden.

Kapitel 4: Prävention und Information

Art. 13 Grundsätze

1 Die Arbeitgeberin sensibilisiert alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf die Prävention und Bewältigung von Konfliktsituationen.

2 Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden anlässlich der Informationsveranstaltung für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Existenz dieser Richtlinie und der Vertrauensperson informiert. 

3 Die Arbeitgeberin sorgt dafür, dass die Vorgesetzten wachsam sind und den Präventionsgedanken in ihrem Team weitervermitteln, insbesondere indem sie im Rahmen der Ausbildung von Führungskräften an dessen Bedeutung erinnern.

Kapitel 5: Schlussbestimmungen

Art. 14 Aufhebung und Inkrafttreten

1 Die Richtlinie über Vorbeugung, das Konfliktmanagement sowie Mobbing und sexuelle Belästigung vom 29. August 2017 wird aufgehoben.

2 Die vorliegende Richtlinie tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.