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Rue de Lausanne

Lausannegasse 1994

Berichte und Zeugnisse aus der Zeit von Henri Perriard

 

Ausstellung vom 11. September bis zum 6. November 2021

Im Jahr 1994 griff Konditormeister Henri Perriard, der damals diesen Geschäftsraum nutzte, zur Feder, um die Geschichte der Ladengeschäfte dieser symbolträchtigen Gasse zu erzählen. Die Lausannegasse war soeben zur Fussgängerzone geworden. Um das damalige Mitteilungsblatt der Gemeinde zu bereichern, schenkte Herr Perriard seine Geschichtensammlung der Stadt Freiburg.

Zusammen mit den Geschäftsinhabern lädt Sie die Stadt Freiburg heute ein, mit den Augen von Henri Perriard in die Geschichte der Geschäfte der Lausannegasse einzutauchen. Geschäft um Geschäft lassen uns seine Berichte eine Reise durch die Jahre des letzten Jahrhunderts antreten. Die vielen Anekdoten, welche diese Beschreibungen auszeichnen und ausschmücken, sind wie kleine Perlen, die den Weg des Kunden markieren. Lassen Sie Ihre Blicke über die verschiedenen Schaufenster schweifen!

Die Stadt Freiburg bedankt sich ganz besonders bei der Familie von Herrn Henri Perriard für ihre herzliche und engagierte Mitarbeit sowie bei den Geschäftsinhabern für ihre Unterstützung und Teilnahme an diesem Unterfangen.

 

 

Berichte von Henri Perriard
Geschichte der Lausannegasse

Als westliche Hauptverkehrsader der Stadt, die sich Ende des 18. Jahrhunderts in diese Richtung ausdehnte, hiess die Lausannegasse zuerst Neue Spitalgasse (Rue du Nouvel Hôpital) und dann Vordere Spitalgasse (Rue des Hôpitaux-devant), bis sie schliesslich ab 1485 ihren endgültigen Namen erhielt. Die Gasse ist seit 1392 gepflastert, ihre Krümmung zeichnet den Umriss des Belsex-Hügels nach, und ihre elegante Kurve schützt die schönen Häuser der Gasse und ihre Bewohner vor den tosenden Luftzügen.

Obwohl die Reichengasse (Grand-Rue) bis zum Ende des 19. Jahrhundert die Hauptverkehrsader der Stadt war, geht aus den Protokollen des Gemeinderates hervor, dass die Lausannegasse 1843 «die verkehrsreichste Strasse von Freiburg ist». Zwei Jahre später bestätigt der Gemeinderat sogar, dass es sich dabei sehr wohl um die «Hauptstrasse» der Stadt und um den «am stärksten bevölkerten Durchgang» Freiburgs handelt. Am 11. Juni 1851 gab es in der Lausannegasse neun Gasthäuser, Hotels, Beizen und Cafés: Charpentiers, Faucon (Zum Falken), Bœuf, pinte Zosso, Tête-noire, Tisserand de drap, Autruche, Grappe, pinte du cheval blanc. Auch machten die ersten Limonaden- und Eisläden und «cafés beignet» in der Lausannegasse auf.

Der Abbau der Stadtmauern und der Abriss des Remund- und des Jacquemart-Turms im oberen Teil der Lausannegasse ermöglichten Freiburg eine neue Ausdehnung, indem dadurch der Bau neuer Quartiere und insbesondere des Viertels erleichtert wurde, das sich um den Bahnhof herum entwickelte. Freiburgs Schwerpunkt verlagerte sich damit radikal, und diese Wirkung wurde ab 1895 durch den Bau des Boulevard de Pérolles noch verstärkt.

Glücklicherweise ermöglichte 1897 die Schaffung der Strassenbahn mit der Hängebrücken-Linie, die durch die Lausannegasse führte, dass die geschäftliche Anziehungskraft dieser berühmten Gasse mit ihrem unleugbaren touristischen Anreiz erhalten blieb. 1957 zählte die Lausannegasse nicht weniger als acht Lebensmittelgeschäfte, drei Metzgereien, fünf Restaurants, eine Parfümerie, eine Druckerei, vier Apotheken, zwei Eisenwarenhandlungen, eine immer noch bestehen Buchhandlung (Œuvre St-Augustin), zwei Bäckereien oder Tea-Rooms, ein Möbelgeschäft, ein Geschäft für Bodenbeläge, fünf Schuhgeschäfte, vier Uhren- und Schmuckgeschäfte, 19 Kleider- und Textilgeschäfte, drei Coiffeurläden, ein Schneidwaren- und Regenschirm-Geschäft, ein Elektrogeschäft, zwei Blumenläden, eine Färberei, zwei Tabak- und Souvenirs-Läden und zwei Geschäfte für Einrahmungen. Nicht zu vergessen sind einige Institutionen wie «Le grand magasin à la Ville de Paris» (Nr. 2-4), der «Bazar central» (Nr. 78), das Foto-Atelier Benedikt Rast (Nr. 39), das Schreibwarengeschäft Labastrou (Nr. 54), die Eisenwarenhandlung Wassmer (Nr. 80), das Musikgeschäft Von der Weid (Nr. 29) – das zahlreiche ausländische Sänger auf Tournee nach Freiburg brachte, angefangen bei Charles Trenet oder dem Orchester von Ray Ventura – und natürlich die Konditorei Perriard (Nr. 61).

Seit den frühen 1980er-Jahren ist die Lausannegasse, Vorreiterin in diesem Bereich, in den Sommermonaten autofrei. Im August 1990 wird das lang erwartete Alpen-Parkhaus (Parking des Alpes) eröffnet. Als dessen «Vater» gilt Konditormeister Henri Perriard, damals Präsident der Vereinigung der Lausannegasse. Später wurde die Lausannegasse endgültig zur Fussgängerzone.

Heute beherbergt die Lausannegasse 72 Ladengeschäfte und 18 Restaurants und ist nach wie vor Freiburgs symbolträchtigste Strasse.

Henri Perriard (1919-2014)

«Der Bäcker wird immer der Fachmann für gutes Brot sein, während der Konditor immer der Fachmann der Pralinen sein wird.»
Henri Perriard, Zeitschrift «Fribourg Illustré» Nr. 21, 6. Dezember 1985

Henri Perriard und seine Familie haben die Geschichte der Lausannegasse stark geprägt. Bereits seine Grosseltern waren Besitzer des Hotels zum Falken (Faucon) an der Lausannegasse Nr. 76. Später kaufte sein Vater das Haus Nr. 61, um 1907 die Konditorei Perriard zu eröffnen.  1948, nach dem Erwerb des Eidgenössischen Fähigkeitsausweises als Konditor-Confiseur, übernimmt Henri Perriard die Konditorei. Der Name der Familie steht noch immer auf der Hausfassade des typischen «Salon de rafraichissement», den zahlreiche berühmte Persönlichkeiten wie René de Weck, Guy de Portalès, Pierre Benoît, Léon Savary, Gonzague de Reynold oder Abbé Freeley aufgesucht haben.

Henri Perriard hat sich stark für das örtliche Leben engagiert. Er war während 25 Jahren Mitglied des Vorstands der Vereinigung der Lausannegasse und stand ihr während acht Jahren vor. Er hat in hohem Masse zum kulturellen und sozialen Leben Freiburgs beigetragen, indem er zum Beispiel die Schaffung des Flohmarktes in die Wege leitete. Bekannt als Freund der Mittellosen und der Kinder der Stadt lieferte er jedes Jahr die berühmten Lebkuchen für das Fest des heiligen Nikolaus. Er gehörte während über zwanzig Jahren dem Generalrat der Stadt Freiburg. 1991 wurde er von Stadtammann Claude Schorderet mit dem Preis der «Société de Développement»ausgezeichnet, der Bürgerinnen und Bürgern verliehen wird, deren Initiativen sich besonders vorteilhaft auf die Entwicklung der Stadt ausgewirkt haben. Henri Perriard spielte insbesondere eine wichtige Rolle beim Bau des 1990 eröffneten Alpen-Parkhauses (Parking des Alpes), das es der Lausannegasse ermöglichte, vollständig zur Fussgängerzone zu werden.

Verheiratet mit Frau Marie-Thérèse Perriard-Merkle hatte Henri Perriard eine Tochter sowie mehrere Neffen und Nichten, die des Lobes voll sind über diese überaus beliebte Persönlichkeit. Seine Berichte und Zeugnisse über das Geschäftsleben in der Lausannegasse, die er so sehr liebte, haben die Schaffung der vorliegenden Ausstellung ermöglicht. Sie spiegeln sein grosses Interesse am Beruf des Geschäftsinhabers und an den Menschen in seiner Umgebung. Seine Erinnerungen tragen heute dazu bei, sein Werk für das Bild und die Entwicklung Freiburg fortleben zu lassen.

Ihr Zeugnis

Interessierte können sich an der Ausstellung beteiligen. Wir laden Sie ein, Ihre Erinnerungen, Anekdoten oder Bilder von der Lausannegasse zu teilen, um eine Weiterführung dieses Projektes zu ermöglichen.

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